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Familie Adolf Krauthammer

5 Stolpersteine für Adolf Abraham Krauthammer, Cilli Krauthammer, Max Krauthammer, Walter Krauthammer und Heinz Krauthammer an der Bergstraße 1.

Zur Familie gehörten Adolf Abraham Krauthammer und Ehefrau Cilli Krauthammer sowie die drei Söhne Max, Walter und Heinz Krauthammer.

Adolf Abraham Krauthammer

Patenschaft

Patenschaft für den Stolperstein: Naturfreunde Bottrop e.V.
Verlegung des Stolpersteins: 9. November 2021

Cilli Krauthammer

Patenschaft

Patenschaft des Stolpersteins: Dagmar Kaplan
Verlegung des Stolpersteins: 9. November 2021

Max Krauthammer

Patenschaft

Patenschaft des Stolpersteins: Gustav-Heinemann-Realschule Bottrop
Verlegung des Stolpersteins: 9. November 2021

Walter Krauthammer

Patenschaft

Patenschaft für den Stolperstein: Daniela, Tuve, Wiebke und Marit von Bremen
Verlegung des Stolpersteins: 9. November 2021

Heinz Krauthammer

2006 wurde zuerst ein Stolperstein an der Essener Straße 17 verlegt, weil Heinz Krauthammer dort zeitweise bei seinem Onkel Josef Salomon Krauthammer gewohnt hatte. 2021 wurde auf der Grundlage neuerer Erkenntnisse zur Familie für alle Familienmitglieder Stolpersteine an der Bergstraße verlegt und dementsprechnde der Stolperstein für Heinz Krauthammer versetzt wurde.

Patenschaft

Patenschaft für den Stolperstein an der Essener Straße 17: Pfarre St. Ludgerus
Verlegung: 4. September 2006

Ersetzung durch den neuen Stolperstein an der Bergstraße 1

Patenschaft für den neuen Stolperstein: Heinrich-Heine-Gymnasium Bottrop, Lehrerin: Julia Keller
Verlegung des Stolpersteins: 9. November 2021

Familiengeschichte

Adolf Abraham Krauthammer

Adolf Krauthammer wurde am 18. Juli 1883 in Niżniów zwischen Lemberg und Czernowitz in Galizien geboren. Seit 1902 in Deutschland, ließ er sich 1913 mit seiner Ehefrau Cilli Krauthammer geborene Dier (*1885), die aus derselben ostgalizischen Region wie ihr Mann stammte, und den in Velbert geborenen Söhnen Max (*1910) und Walter (*1912) in Bottrop nieder. Er nahm als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. 1923 erfolgte die Einbürgerung der Familie. Der jüngste Sohn Heinz wurde 1925 in Bottrop geboren.

Seit den 1920er Jahren war er, wie sein Bruder Josef Krauthammer, der ebenfalls in Bottrop lebte, als Kaufmann tätig, zuerst mit einem Eierhandel, später mit einem Möbelgeschäft (Hochstraße 3, dann Essener Straße 19). Die Weltwirtschaftskrise 1932 traf die Familie hart. Das Geschäft ging in Konkurs und konnte später nur in bescheidenem Rahmen durch die Ehefrau weitergeführt werden. Ab 1932 lebte die Familie in der Bergstraße 1, die 1938 in „Franz-Große-Beck-Straße“ umbenannt wurde nach einem verstorbenen Bottroper NSDAP- und SA-Mitglied. Zwischen 1919 und 1932 engagierte sich Adolf Krauthammer in den Gremien der jüdischen Gemeinschaft in Bottrop.

Wie sein ältester Sohn Max im Rahmen seines Entschädigungsverfahrens Ende der 1950er Jahre berichtete, wurde Adolf Krauthammer am 1. April 1933 von der SA gezwungen, mit einem Schild mit der Aufschrift „Ich bin ein Saujude“ durch die Straßen der Innenstadt zu gehen. Als Max protestierte, wurde er ebenfalls durch Bottrop getrieben. Nach der öffentlichen Demütigung wurden Vater und Sohn bis zum Abend im Polizeigefängnis „eingesperrt“.

1936 widerrief der nationalsozialistische Staat die deutsche Staatsangehörigkeit von Adolf Krauthammer (und die seiner Familienmitglieder), er galt nun als staatenlos. In der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 wurden Adolf Krauthammer und sein Sohn Heinz in „Schutzhaft“ genommen und im Polizeigefängnis inhaftiert. Gesundheitlich angeschlagen, lebte Adolf Krauthammer von der jüdischen Wohlfahrtsfürsorge. Am 13. Januar 1941 verstarb Adolf Krauthammer, er wurde auf dem jüdischen Teil des Parkfriedhofs in Essen beerdigt. Sein Grabstein und der Stolperstein zeugen heute von seinem Leben.

Cilli (Cipa Malka) Krauthammer

Cilli (auch Cipa Malka) Krauthammer geborene Dier kam am 8. April 1885 in Pszywoscie (?) in Galizien zur Welt. Seit 1913 lebte sie mit ihrem Mann Adolf Krauthammer und den beiden Söhnen Max (*1910) und Walter (*1912) in Bottrop. Ihren jüngsten Sohn Heinz (*1925) bekam sie im Alter von 40 Jahren. Diese Frau, über deren Alltagsleben wenig bekannt ist, hatte ein besonders tragisches Schicksal im nationalsozialistischen Deutschland. Sie wurde im Denken und Handeln der „Volksgemeinschaft“ nicht nur rassistisch als „jüdisch“ und „polnisch“ verfolgt, sondern auch in „erb- und rassenhygienischer“ Sicht als „lebensunwert“ erachtet. Cilli Krauthammer zählt zu den „Euthanasie“-Opfern des Nationalsozialismus.

Cilli Krauthammer wurde am 28. Juni 1937 in die Provinzial-Heilanstalt Münster aufgenommen. Sie litt an einer chronischen Gehirnentzündung („Encephalitis epidemica“). Am 21. September 1940 erfolgte die „Verlegung“ in die Heil- und Pflegeanstalt Wunstorf, aber nicht zur Fortsetzung von Therapie und Pflege, sondern als kurze Zwischenstation auf dem Weg in die Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel. Dort kam Cilli Krauthammer am 27. September 1940 an und wurde sehr wahrscheinlich noch am selben Tag durch Gas ermordet. Sie hat kein individuelles Grab gefunden. Ihre Leiche ist umgehend verbrannt worden, der Verbleib ihrer Asche ist unbekannt.

Der Sammeltransport von Wunstorf nach Brandenburg war Teil einer „Sonderaktion“, mit der in einer frühen Phase der „Aktion T4“ ca. 2.000 jüdische Anstaltspatienten in sechs Tötungsanstalten zwangsweise verbracht und ermordet wurden. Die „Sonderaktion“ hat einen besonderen Stellenwert im nationalsozialistischen Vernichtungsgeschehen. Der Mord an jüdischen Anstaltspatienten bildete den Auftakt zur systematischen Ermordung der deutschen Juden. Zugleich diente der Massenmord an jüdischen Patienten in Tötungsanstalten durch Gas der Erprobung schnellen, effizienten Tötens, wie es später ab Mitte 1942 in den Gaskammern der ersten Vernichtungslager im besetzen Polen in Bełżec, Sobibór und Treblinka praktiziert wurde.

Max Krauthammer

Max Krauthammer wurde am 13. Juni 1910 in Velbert geboren. Wenig später zog die Familie nach Bottrop um, wo er die Volksschule und ein Gymnasium besuchte. 1927 verließ er das Gymnasium und begann eine Lehre als „Handlungsgehilfe“ im Herrenbekleidungsgeschäft von Walther Heymann. Er wechselte ins Warenhaus Althoff und arbeitete ab 1930 im elterlichen Geschäft mit. Am Tag des reichsweiten Boykotts „jüdischer“ Geschäfte am 1. April 1933 wurde er zusammen mit seinem Vater von der SA durch die Straßen der Innenstadt getrieben und kurzfristig im Polizeigefängnis „eingesperrt“.

Die Ereignisse des Boykotts führten wohl dazu, dass Max Krauthammer Ende Juni 1933 Deutschland ohne Reisepass verließ. Über Holland und Belgien gelangte er illegal nach Frankreich. Nach einem zionistisch inspirierten landwirtschaftlichen Umschulungslehrgang kam er im September 1934 in Palästina an. „Hier habe ich zuerst schwere Jahre durchgemacht.“ So beschreibt Max Krauthammer die ersten Jahre in einer ungewohnten und fremden Umgebung. Er arbeitete in einem Orangenhain und im Straßenbau, bevor er als Hilfspolizist eigestellt wurde. In seinem im Landesarchiv Münster, Abteilung Westfalen aufbewahrten Antrag auf „Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ vom 8. August 1957 findet sich die von ihm verfasste „Schilderung meines Verfolgungsvorganges“.

In der Phase der Staatsgründung Israels musste er demnach „ein Jahr Soldat im Kampfe gegen die Araber sein.“ Später arbeitete er als Kellner in Tel Aviv. Er kehrte Mitte der 1950er Jahre für kurze Zeit nach Deutschland und Bottrop zurück, zumal ihm im November 1956 die (Wieder-)Einbürgerungsurkunde verliehen wurde. Doch er ging nach Israel in seine neue Heimat zurück, wo auch sein Bruder Walter lebte.

Walter Krauthammer

Das Leben des Walter Krauthammer, am 28. Januar 1912 in Velbert geboren und mit seinen Eltern 1913 nach Bottrop gekommen, ist erst in groben Umrissen erkennbar. Er arbeitete, wie sein älterer Bruder Max, in einem Bekleidungsgeschäft. Am 15. April 1936 verließ Walter Krauthammer seine Familie und Bottrop und ging nach Spreenhagen (Brandenburg). Auf dem Gut Winkel, einer zionistischen Ausbildungsstätte, nahm er an einem landwirtschaftlichen Kurs als Vorbereitung auf die Einwanderung nach Palästina teil.

Am 19. Juli 1939 ging Walter Krauthammer im Hafen von Antwerpen (Belgien) an Bord des Flüchtlingsschiffes „Dora“, zusammen mit weiteren 170 Flüchtlingen. Das Schiff hatte zuvor in Amsterdam 182 jüdische Flüchtlinge aufgenommen. Sie kamen vornehmlich aus Deutschland, den Niederlanden und Polen. Am 12. September 1939 erreichte das Schiff die Küste des britischen Mandatsgebiet Palästina in der Nähe von Tel Aviv. Die Flüchtlinge wurden mit Booten an Land gebracht. Da die britische Regierung für die Einwanderung europäischer Juden strikte Quoten festgelegt bzw. zeitweise sogar die Einwanderung verboten hatte, war die Einwanderung nach britischem Recht illegal. Die Rettungsaktion fand im Rahmen der jüdischen Selbsthilfe statt, die zwischen 1934 und 1948 die Einwanderung nach Palästina als Reaktion auf die Verfolgung und Vernichtung der europäischen Juden organisierte. Walter Krauthammer heiratete Hilde Bauer, die ebenfalls mit der „Dora“ nach Palästina gekommen war. Er verstarb in Hazafon, Israel.

Heinz Krauthammer

Heinz Krauthammer wurde am 11. September 1925 in Bottrop geboren. Er war der Spätgeborene, die Brüder Max und Walter waren 15 bzw. 13 Jahre älter. Seine Jugend war überschattet vom Verlust der Eltern. Mutter Cilli erkrankte schwer und kam Mitte 1937 in die Heilanstalt Münster. Ende September 1940 fiel sie dem Patientenmord der „Euthanasie“ in der „Aktion T4“ zum Opfer. Vater Adolf verstarb im Januar 1941. Die Brüder Max und Walter waren schon 1934 bzw. 1939 nach Palästina geflohen. Heinz lebte 1939/40 in einem Israelitischen Kinderheim in Köln und in der zionistischen Ausbildungsstätte auf Gut Winkel in Spreenhagen (Brandenburg), wo junge jüdische Menschen auf die Einwanderung nach Palästina vorbereitet wurden. Auf Gut Winkel hatte sich auch sein Bruder Walter 1936 aufgehalten.

Der Vollwaise Heinz Krauthammer wohnte seit Februar 1941 bei seinem Onkel Josef Krauthammer. Heinz war gerade einmal 17 Jahre alt, als er, zusammen mit der Familie seines Onkels, am 27. Januar 1942 von Dortmund nach Riga in das „Reichsjuden“-Ghetto verschleppt wurde. Am 16. August 1943 erfolgte die Überstellung in das Konzentrationslager Kaiserwald in Riga, am 9. August 1944 in das KZ Stutthof in der Nähe von Danzig und wenige Tage später in das KZ Buchenwald bei Weimar. Am 16. September 1944 wurde er in das Außenlager „Bochumer Verein“ verbracht, wenige Kilometer von seinem Geburtsort entfernt. Die Arbeitskraft der Zwangsarbeiter wurde dort u. a. für die Rüstungsproduktion ausgebeutet.

Am 21. März 1945 wurde Heinz Krauthammer in das Stammlager Buchenwald zurück transportiert. Das Außenlager wurde aufgelöst, weil die Alliierten auf das Ruhrgebiet vorrückten. In Buchenwald verliert sich die Spur des Zwanzigjährigen. Die Befreiung Buchenwalds durch amerikanische Truppen am 11. April 1945 hat Heinz Krauthammer aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erlebt.

Literatur und Quellen

Adolf Abraham Krauthammer

Manfred Lück: Juden in Bottrop, 2 Bde. Bottrop 1993, 2001.

Cilli (Cipa Malka) Krauthammer

Manfred Lück: Juden in Bottrop, 2 Bde., Bottrop 1993, 2001.

Bernd Walter: Psychiatrie und Gesellschaft in der Moderne. Geisteskrankenfürsorge in der Provinz Westfalen zwischen Kaiserreich und NS-Regime, Paderborn 1996.

Astrid Ley u. Annette Hinz-Wessels (Hrsg.): Die Euthanasie-Anstalt Brandenburg an der Havel. Morde an Kranken und Behinderten im Nationalsozialismus, 2. Aufl., Berlin 2017.

Max Krauthammer

Manfred Lück: Juden in Bottrop, 2 Bde., Bottrop 1993, 2001. Julia Volmer-Naumann: Bürokratische Bewältigung. Entschädigung für nationalsozialistisch Verfolgte im Regierungsbezirk Münster, Essen 2012.

Landesarchiv NRW, Abteilung Westfalen, Signatur K 204/ Regierung Münster, Wiedergutmachungen, Nr. 8014.

Walter Krauthammer

Irmgard Klönne u. Ilana Michaeli (Hrsg.): Gut Winkel, die schützende Insel.
Hachschara 1933–1941, Berlin 2007.

Heinz Krauthammer

Manfred Lück: Juden in Bottrop, 2 Bde., Bottrop 1993, 2001.

Andrej Angrick u. Peter Klein: Die „Endlösung“ in Riga. Ausbeutung und Vernichtung 1941-1944, Darmstadt 2006.

Ingrid Wölk: Das Außenkommando „Bochumer Verein“ des Konzentrationslagers Buchenwald, in: Jan Erik Schulte (Hg.): Konzentrationslager im Rheinland und in Westfalen 1933-1945, Paderborn 2005, S. 245ff.

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