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Elisabeth Bernhardine Spettmann

1 Stolperstein Tannenstraße 88a

Patenschaft

Patenschaft für den Stolperstein: Berufskolleg Bottrop.
Verlegung des Stolpersteins: 16. Dezember 2023

Heinrich und Elisabeth Spettmann im Kreise ihrer Kinder, aufgenommen ca. 1941/ 1942. Auf dem Schoß von Elisabeth Spettmann sitzt ihre Tochter, Elisabeth Bernhardine. Vor Heinrich Spettmann steht seine Tochter Agnes.© (privat) Carmen Böhm

Leben

„Meine Mutter erzählte uns vor einigen Jahren dieses unheilvolle Erlebnis der Familie, und ich war wirklich geschockt, weil ich keinen blassen Schimmer hatte, dass unsere Familie auch Opfer dieser Zeit war.

Laut meiner Schwester war meine Tante, Elisabeth Bernhardine Spettmann, im Jahr 1944 für drei Monate in der „Heilanstalt“ in Dortmund-Aplerbeck. Dort wurde sie ermordet, weil sie geistig und körperlich behindert war – nur zwei Wochen nach ihrem 12. Geburtstag! Meine Mutter war zu dieser Zeit drei Jahre alt. 

Die Familie saß gerade beim Essen, als es an der Tür hämmerte und Männer im Befehlston laut sagten, man solle die Tür öffnen. Meine Oma muss wohl schon etwas geahnt haben. Ihre Nervosität und Angst übertrugen sich auf die Kinder. Als mein Opa die Tür öffnete, gingen die Männer unaufgefordert in die Wohnung und lasen einen Brief vor, in dem gestanden haben muss, dass sie Elisabeth Bernhardine in die Heilanstalt in Dortmund zu bringen hätten. Die Männer trugen Uniformen, vielleicht waren es Angehörige der SA oder SS. Meine Oma muss sich daraufhin vor ihre Kinder und vor allem vor Elisabeth gestellt haben und weinte und schimpfte, dass sie ihr Kind nie an solche Leute rausgeben würde. Weil es natürlich entsprechende Antworten der Männer gab und die Lage zu eskalieren drohte, mein Opa meine Oma aber verständlicherweise nicht beruhigen konnte, schnappte er meine Oma und sagte zu ihr: „Sei jetzt ruhig und lass sie gehen – oder willst Du das sie uns alle umbringen!“ Für mich zeigt diese Aussage, dass meinen Großeltern sehr klar war, was hinter diese Aktion stand.

Dennoch verlor meine Oma nicht die Hoffnung und besuchte ihre Tochter so oft es ging in Dortmund. Sie nahm Essen und Trinken für Elisabeth mit, denn in der Heilanstalt, so berichtete meine Oma, bekam sie anscheinend nichts zu essen. Nach den Besuchen gab es zwischen den Eltern natürlich Gespräche. Meine Oma hat viel geweint. Meine Großeltern haben versucht, vor den Kindern nicht so viel darüber zu sprechen und wenn, dann nur so, als wäre alles in Ordnung. Aber die Kinder haben es verstanden und oft gelauscht.

Elisabeth Bernhardine Spettmann ist laut Eintrag im Aufnahmebuch der Provinzialheilanstalt Aplerbeck als am 26. August 1944 verstorben vermerkt worden.

Ich bin überrascht, dass sich diese schlimmen Erinnerungen des Tages und dieser Zeit, so bei meiner Mutter im Kindesalter eingeprägt haben. Das zeigt mir, dass es eine absolut beängstigende Situation gewesen sein muss. Lange Zeit hat sie nichts erzählt. Erst spät hat sie mit uns hierüber gesprochen.

Auch im hohen Alter habe ich meine Mutter angemerkt, dass es sie noch immer schmerzt und es gar nicht möglich ist, so etwas zu verarbeiten. Dieser traurige Blick, wenn sie an die Zeit zurückdenkt, den werden auch wir nie vergessen.“

Text: Carmen Böhm, Nichte von Elisabeth Bernhardine Spettmann

Literatur und Quellen

Aufnahmebuch der Provinzialheilanstalt Aplerbeck (Signatur: Archiv LWL, Best. 653/301).

Bernd Walter: Psychiatrie und Gesellschaft in der Moderne. Geisteskrankenfürsorge in der Provinz Westfalen zwischen Kaiserreich und NS-Regime, Paderborn 1996.

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