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"Politik für Jugendliche kann man am besten mit Jugendlichen machen"

Die Jugendparlamentssprecher Max Fockenberg und Gwan Suliman im Interview

© Stadt Bottrop

Max Fockenberg und Gwan Suliman leiten als Sprecher das Bottroper Jugendparlament. Im Interview reden sie über die ersten Monate ihrer politischen Arbeit, den Umgang mit der Corona-Pandemie und die wichtige Rolle von Jugendlichen in der Politik.

Ihr habt euch zu Jahresbeginn mit einer Videobotschaft an die Bottroper Jugendlichen gewandt und zum Durchhalten sowie zur weiteren Einhaltung der Coronaschutzregeln aufgerufen. Was hat euch dazu bewegt?

Gwan: „Wenn es um Corona und das eingeschränkte Leben geht, betrifft dies alle Altersgruppen, auch die Jugendlichen. Die Jugendlichen sind gezwungen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und Nachrichten zu gucken. Wir haben das Video gedreht, weil wir die Jugendlichen mit einem anderen Ton ansprechen können und wollen, als es die Politiker machen. Wir begegnen den Jugendlichen auf Augenhöhe und können ihnen solche Informationen daher anders vermitteln. Wir sehen uns als Bindeglied zwischen Politik und Jugend.“

Max: „Wir wollten mit dem Video zeigen, dass wir bereit sind, unseren Beitrag zu leisten. Wir müssen nicht von oben reguliert werden, sondern sind von uns aus im Stande, uns einzubringen. Mit dem Video haben wir letztendlich einen Doppel-Effekt gehabt: Wir haben als junge Menschen eine altersgerechte Message an junge Menschen geschickt. Gleichzeitig haben die Erwachsenen dadurch mitbekommen, dass Jugendliche auch nachdenken und nicht einfach gegen Regeln verstoßen.“


Leider steht das erste Bottroper Jugendparlament bislang ganz unter dem Zeichen der Corona-Pandemie. Könnt Ihr den ersten Monaten eurer Amtszeit dennoch etwas Positives abgewinnen?

Max: „Auf jeden Fall. Wir haben aus einer Gruppe von politikbegeisterten Jugendlichen, die sich für ihre Mitmenschen einsetzen wollen, ein gutes, solides und zukunftsfähiges Parlament geschaffen, das sich bislang in ei-ner sehr großen Krise bewährt hat. Unser Parlament wird in Zukunft noch effektiver arbeiten und seine Ziele noch besser durchsetzen.“

Gwan: „Dem kann ich mich nur anschließen. Wir haben unsere Erfahrungen gesammelt und sammeln diese immer noch. Für uns ist es ganz wichtig, diese Krise mit zu managen. Denn sie betrifft uns ja genauso. Für uns war und ist es eine große Herausforderung, trotz der vorhandenen Distanz, Aktionen auf die Beine zu stellen. Wir müssen Auswege finden, wachsen aber auch an dieser Herausforderung.“

Seit Anfang November habt Ihr eure parlamentarische Arbeit komplett auf „online“ umgestellt.

Gwan: „Genau. Die Umstellung auf digitale Arbeit war schwierig. Am Anfang hatten wir keine Orientierung und wussten nicht richtig, was wir machen sollten. Es war zunächst auch merkwürdig, auf diese Weise Politik zu betreiben. Aber wir haben nicht aufgegeben und uns durchgebissen. Nun klappt es sehr gut und wir konnten auch die eine oder andere Aktion planen.“

YOU.PA-Sprecher Gwan Suliman© Stadt Bottrop

Bei uns im Jugendparlament heißt es nicht möchten, sondern machen!

Wie wird das digitale Arbeiten von den anderen Jugendparlamentsmitgliedern angenommen?

Gwan: „Es ist wie gesagt sehr schwer, die ganze politische Arbeit online durchzuführen. Die Jugendparlamentsmitglieder nehmen neben dem Home-schooling nun noch an weiteren Online-Sitzungen teil und verbringen damit noch mehr Zeit vor den Bildschirmen. Das ist für sie ziemlich stressig und wurde auch anfangs nicht so gut aufgenommen. Jedoch sind die Jugendlichen auch so begeistert und wollen Politik unbedingt aktiv mitgestalten. Daher haben wir einfach weiter gemacht und mittlerweile fällt es uns auch leichter, digital zu agieren. Allerdings ist es für uns sehr wichtig, irgendwann wieder ins Präsenzleben zurückzukehren.“

Ihr als Sprecher-Team werdet in eurer Arbeit vom pädagogischen Mitarbeiter, Mathias Lazinski, und auch von Jugendreferentin Nina Heithau-sen unterstützt. Wie sieht diese Unterstützung aus?

Max: „Zuerst einmal möchte ich den beiden ein großes Dankeschön aussprechen. Ohne ihre Unterstützung wären wir heute nicht da, wo wir sind. Nina und Mathias unterstützen uns in der Kommunikation mit der Stadtverwaltung, koordinieren die Parlamentsarbeit in Terminangele-genheiten und helfen uns, in unserer neuen Rolle zurecht zu finden. Sie erstellen zum Beispiel die Vorlagen für unsere Sitzungen und organisieren diese. Mathias hat mal gesagt, dass er unser Organisator im Hintergrund sei. Diese Bezeichnung passt genau zu dem, was die beiden für uns leisten. Ohne sie wären wir aufgeschmissen.“

Das Jugendparlament beteiligt sich am Projekt „Stolpersteine“ und hat auch u.a. durch das Pflanzen dreier Bäume sowie durch ein Video zum Umweltschutz im Alltag ein Zeichen gesetzt. An welchen konkreten Projekten arbeitet das Jugendparlament derzeit?

Max: „Die Arbeitsgruppe Schule arbeitet zurzeit am Thema Lernplattformen. Sie sammelt gerade einige Erfahrungswerte, um dann mit Vertretern der Schulen in Kontakt zu treten und eventuell ein einheitliches Modell in Sa-chen E-Learning zu entwickeln.“

Gwan: „Die Arbeitsgruppe Verkehr beschäftigt sich gerade mit der Beteiligung an der Mobilitätswoche des Kinder- und Jugendrates NRW. Die AG Umwelt arbeitet an einem Umweltzertifikat, das dann an Schulen oder Schulklassen verliehen werden soll, die sich aktiv für den Umweltschutz einsetzen.“

Seit Mitte Januar ist das Jugendparlament auch Mitglied im Kinder- und Jugendrat NRW und stellt mit Dir, Max, sogar einen der Sprecher. Welchen Nutzen hat das „YOU.PA“ deiner Meinung nach von seiner Mitarbeit im KiJuRat NRW?

Max: „Das Wichtigste ist, dass wir dadurch Kontakt zu anderen Jugendgremien haben, von denen wir etwas für unsere eigene parlamentarische Arbeit lernen können. Zudem haben wir nun die Möglichkeit an großen, städteübergreifenden Themen zu arbeiten, womit wir die Lebenssituation für Kinder und Jugendliche in ganz Nordrhein-Westfalen verbessern können. Wir können unser Land für die nächste Generation nur gemeinsam auf einen zukunftsfähigen Weg bringen. Und das ist natürlich durch die Verbindung, die der KiJuRat zur Landespolitik hat, wesentlich einfacher möglich, als für ein einzelnes, kommunales Jugendparlament.“

Gibt es schon Überlegungen, mit Jugendparlamenten aus anderen Städten zusammen zu arbeiten?

Max: „Ja, als Beispiel kann hier eine Kampagne des Jugendparlaments Oberhausen genannt werden, die sich mit dem Thema Toleranz beschäftigt. Das ist ein unglaublich wichtiges Thema, auch hier in Bottrop. Ein Teil des Grundverständnisses unseres Jugendparlaments ist, dass jeder, egal woran man glaubt oder wen man liebt, gleich viel Wert ist und auch so behandelt werden muss."

Gwan, Du hast auf der konstituierenden Sitzung im vergangenen Jahr gesagt: „Wir haben jetzt eine Stimme, die wir auch nutzen wollen.“ Warum ist es für Dich so wichtig, dass Jugendliche in Bottrop sich nun an politischen Überlegungen und Entscheidungen beteiligen dürfen?

Gwan: „Zunächst muss klargestellt werden, dass Politik nicht das Privileg der Erwachsenen ist. Auf Politik haben alle ein Recht, auch wir jungen Men-schen. Daher muss unsere Stimme auf jeden Fall auch Gewicht haben. Alle Stimmen der Gesellschaft sollten gehört werden, egal, ob jung oder alt. Man sollte Probleme gemeinsam angehen. Wir lernen von den Erfahrungen der Erwachsenen und die Erwachsenen können von unserer Sichtweise profitieren.“

YOU.PA-Sprecher Max Fockenberg© Stadt Bottrop

Die Jugendlichen sollen sich darauf verlassen können, dass ihre Meinung in Bottrop gehört wird.

Welche Vorteile hat die Stadt eurer Meinung nach durch das aktive politische Mitwirken der Jugendlichen?

Max: „Politik für Jugendliche kann man am besten mit Jugendlichen machen. Die Stadtverwaltung und die Politik bekommen so einen Einblick in die Gedanken derer, für die sie ar-beiten. So können sie mit Hilfe des Jugendparlaments sicherstellen, dass Projekte umgesetzt werden, die auch wirklich ankommen.“

Gwan: „Eine Stadt wird sterben, wenn sie für jung und alt nicht attraktiv ist. Auch unserer Generation ist es wichtig, dass Bottrop eine attraktive Stadt bleibt. Deshalb sollten wir die Stadt auch mitgestalten dürfen. Jugendliche sind digitaler voran geschritten und gemeinsam mit den Erfahrenen, die uns ja hoffentlich nicht ins kalte Wasser schmeißen, sondern uns heranführen, können wir die Stadt gemeinsam mit der Politik gestalten.“

Die Stadt Bottrop hat vor kurzem eine Umfrage unter Jugendlichen zur Freizeitgestaltung durchgeführt. Auch das Jugendparlament hat sich be-teiligt. Warum ist es euch wichtig, euch für die Freizeitgestaltung von Jugendlichen einzusetzen?

Gwan: „Für Jugendliche ist es wichtig, dass es Jugendzentren gibt und Orte, an denen sie sich mit anderen treffen können. Anstatt die ganze Zeit vor dem Bildschirm zu sitzen, ist es wichtig, dass sie mal raus gehen können. Ich finde es richtig, dass sich Jugendliche aktiv am Thema Freizeitgestaltung beteiligen und ihre Wünsche äußern können, die dann vielleicht auch umgesetzt werden.“


Was ist das oberste Ziel, das Ihr in eurer zweieinhalbjährigen Amtszeit mit dem Jugendparlament erreichen wollt?

Max: „Wir möchten aus dem Bottroper Jugendparlament die Stimme der Bottroper Jugend machen und dafür sorgen, dass die Jugendpolitik in der Stadt auf die jungen Menschen zugeschnitten ist und Bottrop so für das 21. Jahrhundert fit machen. Zudem wollen wir sicherstellen, dass alle Jugendlichen in Bottrop sich darauf verlassen können, dass ihre Meinung gehört wird und ihre Anliegen ernst genommen werden.“

Gwan: „Wir wollen junge Menschen für Politik begeistern und die Politik transparenter und einfacher gestalten. Wir wollen für die Jugendlichen erreichbar sein, gerade über die sozialen Medien. Ich selbst möchte dafür sorgen, dass Kommunalpolitiker einen Einblick in das Leben der Jugendlichen bekommen und dadurch erfahren, dass Jugendliche unter besonderen Bedingungen auch manchmal leiden. Ich möchte erreichen, dass manche Jugendliche günstiger Bus fahren können. Zudem möchte ich Bottrop attraktiver gestalten, und zwar so, dass man gerne hier lebt. Ich wünsche mir, dass wir uns noch mehr politisch einmischen können und Stimmrecht und Rederecht in anderen Ausschüssen bekommen. Bei uns im Jugendparlament heißt es nämlich nicht möchten, sondern machen.“