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August Steinsiek

1 Stolperstein an der Overbeckstraße 35

Patenschaft

Patenschaft für den Stolperstein: Oberbürgermeister Bernd Tischler
Verlegung des Stolpersteins: 9. November 2021

Leben

Foto aus dem Familiennachlass: August Steinsieck© Hans-Joachim Steinsiek

„August Steinsiek wurde am 1. März 1889 als eines der Kinder von Wilhelm Steinsiek und dessen Ehefrau Anna, geborene Höbein in Essen-Borbeck geboren. Der Tiefbauunternehmer war Soldat im Ersten Weltkrieg. Es ist überliefert, dass er auf dem Schlachtfeld seinen toten Bruder suchte und selber begrub. Am 1. Juni 1918 heiratete August Steinsiek die aus dem Lipperland stammende Karoline Gröne in Vahlhausen. Der dortige Pastor Menges wählte den Psalm 23, 1-4 als Trauungstext, dessen Inhalt als Fingerzeig auf das August Steinsiek erwartende Martyrium wahrgenommen werden kann. Das bekannte Bibelwort ‚...und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich‘ als letzten Satz dieser religiösen Trauungszeremonie lässt bis heute die Nachkommen von August Steinsiek in Nachdenklichkeit. In der Zeit seiner Bedrängnis in Bottrop gab es jedenfalls keine religiösen Ansprechpartner mehr, Bottrops Pfarrer waren begeisterte ‚Deutsche Christen‘, dem Teil der Evangelischen Kirche zugehörig, die dem Verbrecher Hitler und seinem System huldigten. Wir können auch nicht sehr viel über August Steinsieks Verhältnis zu Kirche und Glauben aussagen, innerhalb der traumatisierten Familie wurde nur spärlich erzählt, vielleicht auch um mich, dem einzigen Enkel, der seinen Großvater nicht kennenlernen durfte, nicht zu belasten. Doch Schweigen erzeugt Neugier und diese bestimmte meinen Lebensweg.

August Steinsiek war Tiefbauunternehmer und lebte in der Overbeckstraße 35 mit seiner Ehefrau Lina und den Kindern Walter und Anneliese. Als Unternehmer war er in städtische Auftragsprojekte eingebunden, wohl auch an dem damals so genannten ‚Schlageterteich‘ im Stadtgarten und Straßenprojekten. Ein unmittelbarer Nachbar war überzeugter Nazi und dürfte eine entscheidende Rolle dabei gespielt haben, August Steinsiek politisch in Verdacht zu bringen. Die Stadt Bottrop schuldete ihm Geld und es gab ein Hausverbot für das Rathaus. Schriftlich wandte sich der Unternehmer an die Stadtführung und erntete öffentliche Verhöhnung in der Lokalpresse. Bottrop war in jener Zeit fest in der Hand der Nazis unter einem Oberbürgermeister, der zuvor in der Gestapo eine Leitungsfunktion innehatte.

Einer Zwangsarbeitsanordnung zu einem Zechenbetrieb folgte August Steinsiek nicht. ‚Die wollen mich umbringen.‘ Der Ausspruch wurde von der Ehefrau überliefert. Es folgten Verhaftung und Deportation ins KZ. Zynisch wurde die Familie von der Ermordung August Steinsieks mit einem Hinweis auf eine angebliche Lungeninfektion mit Todesfolge am 10. November 1940 informiert. August Steinsiek gehörte nicht zu den großen Opfergruppen des Holocaust, sondern geriet durch zivilen Widerstand in die Willkür des Terrorregimes. Für die Hinterbliebenen gab es keinerlei Hilfen oder Anerkennung. Täter hingegen konnten auch in Bottrop Spuren zu ihren Taten verwischen, die sogenannte ‚Entnazifizierung‘ hinterließ noch heute in den Archiven nachweisbare ‚Löcher‘ in den Tageszeitungen, herausgeschnittene Lokalberichte. Eine aktenmäßige Aufarbeitung seitens der Stadt Bottrop unterblieb. Die Internetseite ‚www.der-mord-von-bottrop.de‘ leistet einen Beitrag über die derzeit laufenden Nachforschungen zum Leben von August Steinsiek. 2021 wurde endlich seitens der Stadt der Erinnerung durch einen ‚Stolperstein‘ in der Overbeckstraße Raum gegeben.”

Literatur und Quellen

Der (teilweise gekürzte) Text stammt von Hans-Joachim Steinsiek, geb. 1950,
einziger Enkel von August Steinsiek.

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