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Familie Dortort

4 Stolpersteine für Julius Dortort, Martha Dortort, Emil Dortort und Joseph Dortort an der Kirchhellener Straße 46.

Zur Familie Dortort gehörten Julius und Klara Dortort sowie ihre Kinder Martha, Emil und Joseph.

Martha Dortort verstarb im Mai 1938. Vater Julius und die drei Kinder wurden Opfer der NS-Gewaltherrschaft. Als einziger überlebte Joseph die Nazi-Zeit.

Julius Dortort

Patenschaft für den Stolperstein: Josef-Albers-Gymnasium, Klasse 8a
Verlegung des alten Stolpersteins: 12. September 2005

Nachdem neue Recherchen im Fall Julius Dortort vorlagen, wurde der Stolperstein korrigiert.

Patenschaft für den Stolperstein: Josef-Albers-Gymnasium, Lehrerin: Katrin Kühn
Verlegung des neuen Stolpersteins: 9. November 2021

Martha Dortort

Patenschaft für den Stolperstein: SPD Ratsfraktion Bottrop
Verlegung des alten Stolpersteins: 12. September 2005

Nachdem neue Recherchen im Fall Julius Dortort vorlagen, wurde der Stolperstein korrigiert.

Patenschaft für den Stolperstein: Janusz Korczak Gesamtschule, Lehrerin: Britta Kleine
Verlegung des neuen Stolpersteins: 9. November 2021

Emil Dortort

Patenschaft für den Stolperstein: ödp Bottrop
Verlegung des Stolpersteins: 12. September 2005

Joseph Dortort

Patenschaft für den Stolperstein: Cyriakusschule
Verlegung des Stolpersteins: 22. Oktober 2005

Familiengeschichte

Julius Dortort

Julius Dortort und Tochter Martha© Joseph Dortort

Julius Dortort kam am 21. Juli 1891 in Żydaczów in Galizien, zwischen Lemberg und Czernowitz gelegen, zur Welt. Er war verheiratet mit Klara (Chaja) Rosenmann (*1892), ebenfalls aus Żydaczów. Das Ehepaar ließ sich 1919 in Bottrop nieder und bekam drei Kinder: Martha (*1922), Emil (*1924) und Joseph (*1928). Seit 1929 lebte die Familie in der Kirchhellener Straße 46.

Im Juni 1932 erfolgte die Einbürgerung von Julius Dortort. Bis dahin galt er als polnischer Staatsangehöriger. Schon im November 1933, wenige Monate nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, wurde die Einbürgerung widerrufen. Er war somit staatenlos. Die Staatenlosigkeit war der Grund, warum Dortort und seine Kinder nicht Ende Oktober 1938 in der „Polenaktion“ zwangsweise ausgewiesen worden sind, da nur „Juden polnischer Staatsangehörigkeit“ abgeschoben werden konnten.

Julius Dortort war von Beruf Handlungsangestellter und Kaufmann. Zuerst betrieb er mit seinem Bruder Markus ein Bekleidungsgeschäft, das später um eine Möbelhandlung erweitert wurde. Ab 1933 führte er das Geschäft als reines Möbelgeschäft (Horster Straße 6) allein weiter.

Dortort engagierte sich seit 1933 in den Gremien der Synagogengemeinde Bottrop-Osterfeld. In der Pogromnacht des 9./10. November 1938 wurden das Geschäft und die Wohnung der Dortorts verwüstet. Julius Dortort gab sein Geschäft auf. Seiner Frau Klara blieb die Eskalation der Gewalt seitens des Staates und der Bevölkerung erspart, sie war am 28. Mai 1938 verstorben.

Julius Dortort wurde, zusammen mit Tochter Martha, am 27. Januar 1942 von Gelsenkirchen über Dortmund nach Riga im besetzten Lettland deportiert.

Er war im „Reichsjuden“-Ghetto und dann im Konzentrationslager Kaiserwald interniert und hatte Zwangsarbeit für die deutsche Besatzungsmacht zu leisten. Bei der Auflösung des KZ Kaiserwald Mitte 1944 gelangte Dortort mit einem Rückführungstransport in das KZ Dachau bei München, wo er am 29. Juli 1944 registriert wurde. Ein halbes Jahr später, am 18. Januar 1945, taucht sein Name auf einer Liste des KZ-Außenlagers Kaufering auf, die die „durch Tod abgegangenen“ Häftlinge aufführt.

Martha Dortort

Martha, Joseph und Emil Dortort© Joseph Dortort

Martha Dortort wurde am 30. Oktober 1922 in Bottrop geboren. Über ihre Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Sie ist als junges Mädchen auf zwei
Gruppenfotos zu sehen: auf dem Foto der Purim-Feier der Kinder (Foto) in der jüdischen Gemeinschaft und auf einem Klassenfoto der Volksschule, beide wohl aus den frühen 1930er Jahren.

1938 war ein folgenschweres Jahr für Martha Dortort: Im Mai verstarb ihre Mutter Klara. In der Pogromnacht am 9./10. November wurden die Wohnung und das Geschäft der Familie verwüstet und sie mit ihren jüngeren Brüdern Emil und Joseph „in polizeiliche Verwahrung genommen“.

Die Sechzehnjährige führte fortan den Haushalt des Vaters. Im Februar 1939 flüchteten die beiden Brüder in das noch unbesetzte Belgien.

Martha Dortort war noch keine zwanzig Jahre alt, als sie, zusammen mit ihrem Vater, am 24. Januar 1942 von Bottrop nach Gelsenkirchen in ein Sammellager und am 27. Januar 1942 weiter nach Dortmund verbracht wurde.

Von hier aus wurden die beiden mit ca. 930 Juden aus dem nördlichen Ruhrgebiet in das von Deutschen besetzte Riga in Lettland deportiert. Nur ca. 120 der Verschleppten des Dortmunder Transports erlebten im Mai 1945 das Ende der Shoah und des Zweiten Weltkriegs. Martha Dortort zählte nicht zu ihnen.

Martha Dortort kam nach der Ankunft in Riga zuerst in das „Reichsjuden“-Ghetto und im Verlauf des Jahres 1943 in das Konzentrationslager Kaiserwald. Sie hatte Zwangsarbeit für die Kriegswirtschaft der deutschen Besatzungsmacht zu leisten.

Als das KZ Kaiserwald Mitte 1944 aufgelöst wurde, verschleppte man sie mit einem der Rückführungstransporte in das Konzentrationslager Stutthof bei Danzig, wo sie am 19. Juli 1944 „eingeliefert“ wurde. Hier verliert sich die Spur der Zweiundzwanzigjährigen.

Emil Dortort

Am 7. März 1924 wurde Emil Dortort in Bottrop geboren. Er lebte bei seiner Familie in der Kirchhellener Straße 46.

In der Pogromnacht des 9./10. November 1938 war er mit seinen Geschwistern im Bottroper Polizeigefängnis inhaftiert. Im Februar 1939 verließ er mit seinem jüngeren Bruder Joseph die Stadt und wohnte zunächst bei einer Tante in Belgien. Nachdem sie in einem Kinderheim in Brüssel gelebt hatten, wurden die Brüder nach dem deutschen Überfall auf Belgien mit einem Kindertransport nach Seyre in Südfrankreich gebracht. Einige Jahre lebten sie gemeinsam mit 100 jüdischen Kindern aus Deutschland und Österreich in dem Schloss La Hille am Fuß der französischen Pyrenäen.

Anfang 1943 wurde Emil Dortort - wie andere im Lande lebende ausländische Juden über 16 Jahre - aufgefordert, sich einer Pionier-Arbeitstruppe anzuschließen und ist zunächst in das Sammellager Drancy bei Paris verbracht worden.

Am 6. März 1943 wurde Emil Dortort in das Vernichtungslager Majdanek bei Lublin deportiert. Emil Dortort überlebte das Lager nicht.

Joseph Dortort

Ein Foto von Joseph Dortort. Die Fotos der Familie stammen aus seinem privaten Eigentum.© Joseph Dortort

Am 27. Mai 1928 in Bottrop geboren, erlebte Joseph Dortort bereits in Kinderjahren den Terror der NS-Diktatur. Im Schulalltag erlitt er die Erziehungsarbeit der braunen Pädagogen, den von Rassenkunde und Rassenhass bestimmten Lehrplan sowie das Gespött und den Hohn seiner Mitschüler, die ihn in die Rolle des Außenseiters drängten.

Nach der Pogromnacht des 9./10. November 1938, in der er mit seinen Geschwistern im Bottroper Polizeigefängnis inhaftiert war, verließ er mit seinem älteren Bruder Emil Bottrop, seine Heimatstadt, und lebte zunächst bei einer Tante in Belgien. Später wurden die Brüder in einem Kinderheim in Brüssel untergebracht, dann mit einem Kindertransport nach Seyre in Südfrankreich.

Sie lebten gemeinsam mit 100 jüdischen Kindern aus Deutschland und Österreich in dem Schloss La Hille am Fuß der französischen Pyrenäen. Dank der Unterstützung von französischen Bauern, Schweizer Lehrern und Rot-Kreuz-Mitarbeitern überlebten die meisten Kinder.

Joseph Dortort schloss sich gemeinsam mit anderen Jugendlichen aus La Hille im Alter von 16 Jahren dem örtlichen bewaffneten Widerstand an und kämpfte gegen deutsche und französische Faschisten. Er überlebte als Einziger seiner Familie die Nazi-Zeit.

Lange Jahre lebte der gelernte Radiotechniker mit seiner Frau, die er in den Vereinigten Staaten kennen gelernt hatte, nahe den Key Gardens bei London.

Joseph Dortort besuchte 65 Jahre nach seiner Flucht aus Bottrop im Mai 2004 erstmals wieder seine Geburtsstadt, um der heutigen Schülergeneration über seine Erfahrungen in der NS-Diktatur zu berichten und sich für die Versöhnung zwischen den jüdischen Opfern und Deutschen einzusetzen.

Es folgten mehrere Besuche in seiner früheren Heimatstadt. Joseph Dortort verstarb am 10. Oktober 2011 in London.

Literatur und Quellen

Zu Julius Dortort

Manfred Lück: Juden in Bottrop, 2 Bde., Bottrop 1993, 2001.

Andrej Angrick u. Peter Klein: Die „Endlösung“ in Riga: Ausbeutung und Vernichtung 1941-1944, Darmstadt 2006.

Franziska Jahn: Das KZ Riga-Kaiserwald und seine Außenlager 1943-1944. Strukturen und Entwicklungen, Berlin 2018.

zu Martha Dortort

Manfred Lück: Juden in Bottrop, 2 Bde., Bottrop 1993, 2001.

Andrej Angrick u. Peter Klein: Die „Endlösung“ in Riga: Ausbeutung und Vernichtung 1941-1944, Darmstadt 2006.

Franziska Jahn: Das KZ Riga-Kaiserwald und seine Außenlager 1943-1944. Strukturen und Entwicklungen, Berlin 2018.

zu Emil Dortort

Persönliche Erinnerungen von Joseph Dortort.

Manfred Lück: Juden in Bottrop, 2 Bde., Bottrop 1993, 2001.

Vera Friedländer: Die Kinder von La Hille.

Flucht und Rettung vor der Deportation, Berlin 2004

zu Joseph Dortort

Persönliche Erinnerungen von Joseph Dortort.

Vera Friedländer: Die Kinder von La Hille. Flucht und Rettung vor der Deportation, Berlin 2004.

Sebastian Steiger: Die Kinder von Schloss La Hille, Basel 1992.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Bottrop, 6. Mai 2004.

Ruhr-Nachrichten, Bottrop, 6. Mai 2004.

Stadtspiegel Bottrop, 8. Mai 2004.

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