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Kirchhellen-Mitte

Kirchhellen ist mehr als nur ein Teil von Bottrop. Vor der Zusammenlegung hatte die Landgemeinde eine 800 Jahre lange eigenständige Geschichte.

Nicht nur "Anhängsel"

Seit 1976 gehört die ehemalige Landgemeinde Kirchhellen zu Bottrop. Trotzdem hat sich das „Dorf“ seine positiven Eigenheiten auch in der „Ehe“ mit der Großstadt bewahrt. Geschichtsbewusstsein, Tradition und ein freundliches Miteinander, das ist es, was in Kirchhellen gepflegt wird. Sie ganz einfach als bloßes "Anhängsel" von Bottrop zu betrachten wird der ehemals größten Landgemeinde Deutschlands nicht gerecht.

© Stadt Bottrop
Die "alte" Kirche St.Johannes wurde durch ein Feuer zerstört. Sie stand auf dem Alten Kirchplatz.© Stadt Bottrop

"Kirche auf dem Hügel"

„Kirche auf dem Hügel“, so wird der Name Kirchhellen zumeist gedeutet. Laut einigen Heimatforschern wird das Gebiet „Hellen“ urkundlich zum ersten Mal im Jahr 1163 erwähnt. Das Geschlecht „von Hillen“, das auf dem dortigen Oberhof ansässig ist, tritt in einer Urkunde erstmals 1240 zu Tage. Sie wohnten auf der Burg Kirchhellen, die 1585 abbrannte.

Selbst wenn man heute keine Spuren mehr davon findet, kann man ihren Standort noch ausmachen: auf dem Gelände zwischen der heutigen Burgstraße und dem Wellbraucksweg gegenüber der Kaplan-Xanten-Straße. Wahrscheinlich war es auch diese Familie, die schon im 9. Jahrhundert die erste Kirche in „Hellen“ baute. Die Bausubstanz aus dem 13. Jahrhundert war in der „alten“ Kirche St. Johannes zu finden, die nach dem 1. Weltkrieg zerstört wurde.

Die "neue" Johannes-Kirche steht seit 1925 an der Oberhofstraße.© Stadt Bottrop

"GlaBotKi"

Der Aufbau der „neuen" Kirche begann 1925, allerdings nicht auf dem alten Kirchplatz, sondern einige hundert Meter westlich an der Oberhofstraße. Im zweiten Weltkrieg blieb die neue Kirche verschont, doch ein Großteil des alten Dorfkerns wurde am 1. Mai 1943 von einer Luftmine zerstört.

Doch das bekannteste Datum in der Kirchhellener Geschichte liegt kaum drei Jahrzehnte zurück. Der Prozess, der 1975 für die Kirchhellener seinen Anfang nahm, war ein sehr schmerzvoller: Mit den beiden Nachbarn Gladbeck und Bottrop sollte das „Tor zum Münsterland" zum Ungetüm „GlaBotKi" zusammengelegt werden. „Unser Dorf Kirchhellen lieben wir so sehr – wir uns von im trennen? Nie und nimmer mehr!"

So sang man am 6. Dezember in der Gaststätte Schulte-Wieschen, nachdem der erste Beschluss zu „GlaBotKi" im Landtag in Düsseldorf gefallen war. Es folgten weitere Protestversammlungen, Zelte wurden im Dorf aufgeschlagen und Tausende Kirchhellener kamen zum Demonstrieren.

"Kirchhellen bleibt doch Kirchhellen!"

Doch aller Protest half nichts – im Gegenteil: Gladbeck, zu dem Kirchhellen eigentlich traditionell eine engere Bindung hatte (es gab zwischen den beiden Gemeinden sogar eine Straßenbahnlinie), schied aus dem Trio wieder aus. Bottrop und Kirchhellen hingegen schritten zum Traualtar, wobei die Braut Kirchhellen nur ungern das Ja-Wort gab. Der Gebietsänderungsvertrag wurde am 14. Mai 1976 unterschrieben.

„Kirchhellen bleibt doch Kirchhellen“, wetterte damals der bisherige Gemeindedirektor Hugo Königshaus und ging lieber in den vorzeitigen Ruhestand, anstatt eine neue Stele im fernen Bottrop anzutreten. Und auch wenn man sich mit den Jahren an den anfangs ungeliebten (Ehe-)Partner Bottrop gewöhnt hat: der alte Gemeindedirektor behielt doch ebenso Recht, denn Kirchhellen ist tatsächlich Kirchhellen geblieben, auch wenn heute ein „Bottrop“ davor steht.

Ein Brezelbruder aus Bronze steht seit 2003 auf dem Johann-Breuker-Platz - sichtbares Zeichen für die Aktivitäten der Brezelgesellschaft.© Stadt Bottrop

Vereinsleben

Der Verein für Orts- und Heimatkunde ist eine der Stellen, wo das Typische des Dorfs Kirchhellen bewahrt und gepflegt wird. Überhaupt sind Vereine, Traditionen, das persönliche Miteinander hier besonders wichtig. Rund 25 Vereine nur im Bereich von Kirchhellen–Mitte werden jedes Jahr zu Weihnachten vom Bezirksvorsteher Werner Dierichs mit einem Gruß bedacht.

Die bekanntesten sind sicherlich die Schützen- und die Brezelgesellschaft, auch wenn sie nur alle drei Jahre in Erscheinung treten. Dann nämlich steht das Dorf Kopf, wenn nacheinander erst der Schützen- und dann der Brezelkönig ermittelt werden. Alt und Jung, Alteingesessene und Zugezogene feiern hier gemeinsam.

Überhaupt haben die „Neubürger" in Kirchhellen gute Karten. Hans Büning erklärt: „Wer sich einfügen will, ist herzlich Willkommen! Ohne unsere ‚Taugetrockenen', die Zugezogenen - wäre so manches Schützenfest nur halb so gut gelungen!" Der 83-Jährige ist ein wahres Kirchhellener Urgestein. 32 Jahre hat er den Kindern an der Volksschule und späteren Hauptschule unter anderem Heimatkunde beigebracht. So kam er zum Verein für Orts- und Heimatkunde. Hier hat er im Laufe der Jahre unzählige Bücher mit der Geschichte Kirchhellens gefüllt. Das bekannteste: „Geschichte und Geschichten" von 1972.

Ein schmucker Ortskern

Rund 25 Einzelhändler, Dienstleister und Handwerker bemühen sich seit fast zehn Jahren darum, dass die Geschäftslandschaft in Kirchhellen-Mitte eine echte Alternative zu den Großstädten ringsum bietet.

„Hier gibt es fast nur Geschäfte, wo der Inhaber selbst hinter der Theke steht, und das macht für die Kunden oft ganz viel aus", erklärt Martin Baumeistervon der Werbegemeinschaft Kirchhellen. Alles ist zu Fuß zu erledigen, kostenlose Parkplätze stehen bereit. Dazu kommen Aktivitäten wie der Weihnachtsmarkt oder das Dorffest im Sommer, die von der Werbegemeinschaft initiiert werden.

Ein großer weiterer Pluspunkt ist die Umgestaltung des Ortskerns, die Anfang der 90er-Jahre begann und Ende 2004 ihren Abschluss fand. Der heutige Johann-Breuker-Platz wurde errichtet, die Schulze-Delitzsch-Straße als Umgehung für die Hauptstraße erbaut und als letztes die Hauptstraße komplett umgestaltet. Drei Millionen Euro hat das Ganze gekostet, die Hälfte kam vom Land.

Dafür haben die Kirchhellener jetzt einen Ortskern, der Schmuck ist wie kaum ein Innenstadtbereich in den umliegenden Großstädten. „Da sind wir richtig stolz drauf", erklärt Bezirksvorsteher Dierichs. „Wir", das sind nicht nur die Politiker und Kaufleute, sondern alle Bürger Kirchhellens. Und was nicht wie die Ortskern-Erneuerung von der Politik in die Wege geleitet wird, das nehmen die Bewohner selbst in die Hand.

Das beste Beispiel dafür ist das „Brauhaus am Ring". Hier wurde unter der Leitung von sieben engagierten Kirchhellenern kurzerhand die ehemalige Bernd-Schnock-Mehrzweckhalle, die nicht nur hässlich anzusehen, sondern auch unrentabel war, umgestaltet zu einem einfallsreichen Gastronomiekonzept, das Menschen aus der ganzen Umgebung anzieht. Damit reiht sich das Brauhaus ein in die Riege der teilweise erstklassigen Restaurants und Gaststätten im Ortskern von Kirchhellen. Und das Brauhaus-Herzstück, der neue Festsaal, bietet den vielen Vereinen den idealen Raum für ihre Veranstaltungen.

Zukunft und Land-Jugend

Zum neuen Brauhaus kommen Traditions-Gaststätten wie Dickmann-Keßler an der Hauptstraße, die mit ihrem Gründungsjahr 1830 das älteste Gasthaus in Kirchhellen ist. Fragt man nach der Zukunft Kirchhellens, so trifft man größtenteils auf Zuversicht. Auch wenn man sich nicht mehr auf Platt unterhält, so glaubt Hans Büning doch, dass der harmonische, dörfliche Charakter bleiben wird, auch in den nächsten Generationen.

Seine Hoffnung wird gestützt durch die jungen Menschen aus dem „Dorf".Der 20-jährige Stefan Janinhoff zum Beispiel engagiert sich seit drei Jahren im Vorstand der Katholischen Landjugend-Bewegung Kirchhellen, „weil die Landjugend hier Tradition hat, und das einfach dazu gehört." Rund 400 Mitglieder von 16 Jahren „bis zur Heirat" hat die Landjugend in Kirchhellen, praktisch jeder Jugendliche aus dem Dorf ist Mitglied.

Beim jährlichen Höhepunkt, dem Sommerfest, kommen locker bis zu 1500 Leute zusammen, bei kleineren Feiern sind es „nur" 600 bis 700 Besucher. Und viele der Mitglieder denken so wie Stefan, der sagt: „Da muss schon einiges passieren, um mich aus meinem Dorf wegzukriegen!"

Zahlen, Daten, Fakten

Die Ortsbezeichnung „Hellen“ steht für einen Hügel oder ein abfallendes Gelände. Das Adelsgeschlecht „von Hillen“ wird 1240 erwähnt. In der unmittelbaren Umgebung der „Kirche auf dem Hügel“ leben heute gut 10 000 Menschen auf einer Fläche von 4,7 Quadratkilometern. Somit sind hier mehr als die Hälfte aller Kirchhellener ansässig.

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